Öffentliche Arbeitgeber sind nach § 82 Abs. 2 SGB IX verpflichtet, schwerbehinderte Bewerberinnen und Bewerber in einem Stellenbesetzungsverfahren zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Eine Einladung ist entbehrlich, wenn die fachliche Eignung offensichtlich fehlt (§ 82 Satz 3 SGB IX).
Vor einem Vorstellungsgespräch finden vielfach Eignungstests statt. Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein hat sich in seinem Urteil vom 09. September 2015 (Az. 3 Sa 36/15) mit der Frage auseinandergesetzt, ob ein schwerbehinderter Bewerber auch dann zu einem Gespräch einzuladen ist, wenn der Eignungstest nicht bestanden wurde.
In dem vorliegenden Fall hat ein öffentlicher Arbeitgeber Ausbildungsplätze für ein duales Studium zum Verwaltungsinformatiker ausgeschrieben. Das Anforderungsprofil in der Stellenausschreibung beinhaltete eine mindestens vollwertige Fachhochschulreife. Ferner enthielt die Ausschreibung Informationen zum Auswahlverfahren, das mit einem Eignungstest (bestehend aus zwei Prüfungsteilen) begann, gefolgt von weiteren mündlichen und praktischen Teilen. Es wurde darauf hingewiesen, dass jeder Teil des Auswahlverfahrens das erfolgreiche Absolvieren des vorangegangenen Testteils voraussetzt.
Ein schwerbehinderter Bewerber, der das Anforderungsprofil erfüllte, bestand den ersten Eignungstest nicht. Der öffentliche Arbeitgeber erteilte ihm deshalb eine Absage.
Der schwerbehinderte Kläger machte daraufhin einen Entschädigungsanspruch geltend, da er nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurde und sich dadurch aufgrund seiner Behinderung benachteiligt fühlte.
Das LAG Schleswig-Holstein hat im Berufungsverfahren entschieden, dass das Arbeitsgericht Flensburg zu Recht den beklagten öffentlichen Arbeitgeber zu einer Zahlung von zwei Monatsgehältern verurteilt habe.
Entgegen der Ansicht der Beklagten fehlte dem Kläger nicht offensichtlich die fachliche Eignung für die zu besetzende Stelle im Sinne des § 82 Satz 2 SGB IX. Ob dies der Fall ist, sei anhand eines Vergleichs des Anforderungsprofils dieser Stelle mit dem Leistungsprofil des Bewerbers zu ermitteln (BAG vom 21.07.2009 – 9 AZR 431/08; BAG vom 16.02.2012, – 8 AZR 697/10). Der Bewerber habe die in der Ausschreibung geforderten formalen Voraussetzungen erfüllt (mindestens vollwertige Fachhochschulreife). Der nicht bestandene Eignungstest führe nicht zu einer offensichtlichen Ungeeignetheit. Denn der Test sei nicht Gegenstand des Anforderungsprofils, sondern Bestandteil des Auswahlverfahrens. Aufgrund des konkreten Ausschreibungstextes könne dahingestellt werden, ob es überhaupt zulässig sei, das Bestehen eines Eignungstests zum Gegenstand eines „Anforderungsprofils“ zu machen. Ferner sei nicht nachvollziehbar, nach welchen Kriterien die Beklagte die einzelnen Tests als „bestanden“ oder „nicht bestanden“ angesehen habe.
Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts verdeutlicht, dass ein besonderes Augenmerk darauf gelegt werden sollte, wie das Anforderungsprofil im Einzelnen ausgestaltet wird.
Das Urteil finden Sie unter folgendem Link: https://www.sit.de/lagsh/ehome.nsf/AB5FE6872C34C4D3C1257F0A0027C6F4/$file/U_3Sa36-15_09-09-2015.pdf
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AGSVB Rundschreiben 03/2016