Verordnung zur Schaffung barrierefreier Informationstechnik nach dem Behindertengleichstellungsgesetz (Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung – BITV 2.0)

Die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung – BITV 2.0 vom 12. September 2011 (BGBl I vom 21.09.2011, S. 1843) ist am 22. September 2011 in Kraft getreten. Die Verordnung richtet sich an Behörden der Bundesverwaltung. Sie legt fest, welche Voraussetzungen für Angebote im Internet einzuhalten sind und bis zu welchem Zeitpunkt sie umgesetzt werden müssen. Sie orientiert sich an den derzeitigen technischen Möglichkeiten und stellt somit eine Weiterentwicklung der bisherigen BITV vom 17. Juli 2002 dar, die nunmehr außer Kraft getreten ist.

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Historischer Abriss: Die Arbeitsgemeinschaften der Schwerbehindertenvertretungen

Nach dem Beitrag von Gert Görtemaker: 
Berlin, den 24. Mai 2007 - AGSVB Rundschreiben 6/2007

Im Jahre 1952 haben Obleute der Kriegsbeschädigten in den Kernministerien des Bundes einen Arbeitskreis gegründet mit zwei Zielrichtungen:

  1. die damals noch niedrige und lückenhafte Versorgung von
    Kriegsbeschädigten und deren Hinterbliebenen zu verbessern;
  2. Regelwerke zu erstellen, nach denen mehr Kriegsbeschädigte
    in den öffentlichen Dienst aufgenommen werden konnten und
    sollten. Hierbei war ein zentrales Thema der Berufsschadensausgleich, d.h. eine fiktive Nachzeichnung und Verwirklichung des Berufsaufstieges, als ob das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre.

Die Federführung lag damals bei Herrn Göttel im Bundeswirtschaftsministerium. Die aus dieser Arbeit entstandene Arbeitsgemeinschaft aller Bundesministerien und Bundesgerichte hat bis heute dort ihren Sitz.

Die wichtigsten Aufgaben dieser Arbeitsgemeinschaft waren und sind:

  1. einen Erfahrungsaustausch bei der Anwendung der Rechtsvorschriften durchzuführen und eine gegenseitige Hilfe der Mitglieder – insbesondere nach Neuwahlen – zu geben.
  2. auf der Grundlage der Betreuung von über 100.000 schwerbehinderten Bediensteten Vorschläge zu Verbesserungen im Schwerbehindertenrecht auszuarbeiten und die gewonnenen Erkenntnisse an die Gesetzgeber, zuständigen Ministerien und Verwaltungsbehörden, heranzutragen.

Auf Anregung des Bundes bildeten sich in einigen Bundesländern vergleichbare Arbeitskreise und Arbeitsgemeinschaften, die sich 1957 zu einer Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen haben.

 Zu einer Zerreißprobe innerhalb der Arbeitsgemeinschaften kam es Anfang der 1970er Jahre, als die Regelungen des Kriegsopferrechtes auf alle schwerbehinderten Menschen ausgedehnt wurden. Diese Entwicklung war mit dem Schwerbehindertengesetz 1974 vorläufig abgeschlossen, ein sozialpolitisches Gesetz, das ohne Vorbild war und im Laufe der Zeit den Staat zu einem Sozialstaat verstärkte.

Die Kriegsopfer fanden bei den damaligen Gesetzgebern und Personalchefs eher Gehör, weil hier die meisten noch Kriegsteilnehmer waren und das Elend des Krieges und der Nachkriegszeit erlitten hatten. Hieraus entstand zumindest bei vielen ein Solidaritäts- und Verantwortungsbewusstsein für diejenigen, die ein größeres Opfer gebracht hatten als sie selber.

Diese Solidarität erstreckte sich bei vielen Funktionsträgern zunächst nicht auf die „Zivilbehinderten“ und die Verantwortung hierfür wuchs nur langsam.

Erst unter dem Vorsitzenden Lothar Meier (1978 bis Anfang 1982) wurden diese Gegensätze überbrückt und die Arbeitsgemeinschaften zu neuem Leben erweckt.

Als Herr Görtemaker am 1. Februar 1982 den Vorsitz übernahm, war der Gegensatz noch vorhanden und es bedurfte einer großen Vorsicht und viel Geschick, um Bruchstellen zu vermeiden.

Da Herr Görtemaker Vorsitzender sowohl der Bundes- als auch der Bund-/Länderarbeitsgemeinschaft war, gestaltete sich die Arbeit in der Außenwirkung einheitlich. Von der Bundesarbeitsgemeinschaft gingen die meisten Impulse aus und hier wurde auch die meiste Arbeit geleistet. Da der Bund mit einer Beschäftigungsquote von über 7 Prozent Vorbild für die Länder war, konnten vom Bund auch Instrumente gelernt werden.

Die Tätigkeiten unserer Arbeitsgemeinschaften gegenüber den gesetzgebenden Körperschaften, den Ministerien usw. führten zu einer größeren Zahl von Gesetzesänderungen zugunsten von schwerbehinderten Bediensteten.

Eine Formalisierung fand sich in dem Kabinettbeschluss zur Förderung der Einstellung und Beschäftigung Schwerbehinderter im öffentlichen Dienst des Bundes vom 29.09.1993:

„2.    Die Staatssekretäre beim Bundesministeriumdes Innern und beim Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung führen jährlich, spätestens bis zum 30. Juni, mit der Arbeitsgemeinschaft der Schwerbehindertenvertretungen
 des Bundes einen Erfahrungsaustausch über Möglichkeiten
 zur Verbesserung der BeschäftigungsquoteSchwerbehinderter im Bundesdienst durch.

Auszug aus dem Kabinettbeschluss zur Förderung der Einstellung und Beschäftigung Schwerbehinderter im öffentlichen Dienst des Bundes vom 29.09.1993

Unsere Arbeit wurde nur teilweise von den Verbänden und Gewerkschaften unterstützt, vielfach wurde eine gewisse Konkurrenz vermutet. Diese Befürchtung bestand völlig zu Unrecht, weil der Vorstand auf politische und verbandliche Neutralität achtete. Im Laufe der Zeit entwickelte sich eine gute und zum Teil sehr gute Zusammenarbeit mit fast allen Organisationen bei der Weiterentwicklung des Schwerbehindertenrechts, insbesondere bei den Vorbereitungen von Anhörungen im Deutschen Bundestag.

Arbeitsschwerpunkte

  • Anhörung zur Novellierung desSchwerbehindertengesetzes 1986, wodurch Herr Görtemaker eine große Aufmerksamkeit in Fachkreisen erreichte. Diese Aufmerksamkeit nutzend hat unsere Arbeitsgemeinschaft 1986 in Wiesbaden in dem alten Plenarsaal des Landtages eine Podiumsdiskussion unter anderem mit dem Bundesarbeitsminister Dr. Norbert Blüm, Landesarbeitsminister Claus, weiteren Politikern und Fachleuten vor 300 Zuhörern durchgeführt, die in der Presse ein großes Echofand und wodurch die berechtigten Forderungen schwerbehinderter Menschenerhebliches Gewicht gewonnen haben.
  • 1988 wurde uns für eine ähnliche Veranstaltung derPlenarsaal des Landes Rheinland-Pfalz zur Verfügung gestellt. Die wohlwollende Begleitung und Teilnahme durch den Ministerpräsidenten Bernhard Vogel hatte positive Wirkungen für die schwerbehinderten Menschen in diesem Land.
  • Mitarbeit zur Schaffung des Diskriminierungsverbotes in Artikel 3 Absatz 3 des Grundgesetzes (15. November 1994).
  • Einfügung des Schwerbehindertengesetztes in das Sozialgesetzbuch IX (19. Juni 2001).
  • Behindertengleichstellungsgesetz (27. April 2002) und dessen Rechtsverordnungen zur barrierefreien Gestaltung von Arbeitsplätzen und Informationszugängen.

Arbeitsweise

  • Herausgabe des Mitteilungsblattes „Die schwerbehinderten Beschäftigten im öffentlichen Dienst“ bis 2003, das kostenlos an die schwerbehinderten Bediensteten im Bundes- und Landesdienst verteilt wurde; Erscheinungsweise 6 x jährlich, Auflage 110.000 Exemplare je Ausgabe, Veröffentlichung im Internet und ca. 380 Tonbandausgaben für Sehbehinderte und Blinde.
  • Weitergabe von Informationen durch Rundschreiben an die Mitglieder per E-Mail und über die Webseite www.agsvb.de.
  • Vorträge bei Organisationen einschließlich Dozententätigkeit bei der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung (BAköV) und ähnlichen Einrichtungen.
  • Durch eine Umfrage haben wir tatsächliche Daten beschafft, z. B. zur Frage, wie sehbehinderte und blinde Mitarbeiter im Bundes- und Landesdienst besoldet werden. 1990 haben wir auf der Grundlage von mehr als 1.600 vollständigen Rückläufen mit Hilfe der wissenschaftlichen Begleitung von Herrn Dr. Ritz feststellen müssen, dass dieser Personenkreis, mit wenigen Ausnahmen, nur in den unteren Laufbahnen und Vergütungsgruppen tätig ist. Dieses für viele überraschende Ergebnis wurde zum Anlass genommen, dass die Hauptfürsorgestelle Köln eine breiter  angelegte Untersuchung durchführte, die das Ergebnis bestätigte.
  • Eine besonders intensive Arbeit kam im Vorfeld der Schaffung der Sozialunion beider deutscher Staaten am 1.7.1990 und der Vereinigung auf die Arbeitsgemeinschaft zu.
    So hat Herr Görtemaker Anfang Mai 1990 in Bonn eine viel beachtete Veranstaltung mit einem Experten aus der DDR für das dortige Rehabilitationsrecht, Herrn Rechtsanwalt Jörg-Michael Schulze, durchgeführt.
    Es hat viel Energie gekostet, in den neuen Bundesländern Arbeitsgemeinschaften der Schwerbehindertenvertretungen einzurichten.
  • In den letzten Jahren liefen die Regelungsmaterien, die unsere Arbeitsgemeinschaften beschäftigten, zwischen dem Bund und den Ländern stark auseinander.
    Zunächst entwickelten sich die Beihilfevorschriften so unterschiedlich, dass hier keine gemeinsame  Basis für Stellungnahmen mehr gegeben war.
    Auch die Landesbeamtengesetze und der praktische Verwaltungsvollzug entwickelten sich sehr unterschiedlich.
  • Nunmehr wird mit der Änderung des Grundgesetzes das Beamtenrecht einschließlich des Laufbahn-, Besoldungs- und Versorgungsrechtes in Bund und Ländern unterschiedlich geregelt. Das ursprünglich gemeinsame Tarifwerk im öffentlichen Dienst -BAT/MTV- ist bereits unterschiedlich abgeschlossen. Dies hat zur Wirkung, dass eine gemeinsame Plattform für eine Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft der Schwerbehindertenvertretungen weitgehend entfallen ist und deshalb durch neue Organisationsformen ersetzt werden muss.

Den Originaltext des Rundschreibens als PDF herunterladen:
AGSVB Rundschreiben 06/2007